Eine Geschichte vom Werden
Geschichten haben eine besondere Kraft. Geschichten können helfen, trösten, Mut machen und inspirieren. Mit unseren Geschichten vom eigenen Werden, – von den tiefen Schluchten, die so unüberwindbar schienen und durch die wir uns dann doch gemüht haben; von den hohen Gipfeln, auf denen wir uns anschließend sonnen durften; von den Monstern, die sich in unsere Gedankenwelten geschlichen haben, um unsere Träume zu fressen; und von den tapferen MitstreiterInnen, die uns im entscheidenden Moment eine helfende Hand gereicht haben, – können wir etwas bewirken.
Denn mit all diesen Geschichten können wir anderen sagen: „Hey, du bist nicht allein mit deinen Ängsten, Sorgen und Zweifeln!“, oder: „Hey, du bist nicht der Einzige, bei dem es ständig auf und ab, anstatt gemütlich geradeaus geht!“, aber auch: „Hey schau mal, jede von uns ist ihren eigenen, ganz persönlichen Entwicklungsweg gegangen – und doch haben wir so viel gemeinsam!“
Deshalb mach ich sehr gerne mit bei Michaela Schächners Blogparade „Einfach machen“ und teile die Geschichte meiner Selbstständigkeit mit dir.
„Selbstständig machen – und dann kam alles ganz anders“ – ja, so in etwa ließe sich auch meine Geschichte zusammenfassen, oder etwas genauer: „Es war einmal eine eigentümlich Texterin, die beschloss, unter die Selbstständigen zu gehen, und sich nicht viel dabei dachte. Doch dann geschah etwas Seltsames – denn es wurde großartig.“
Inhalt:
- Die Flucht vor dem Unglück
- Ein Floh im Kopf
- Keine großen Ansprüche
- Der Beginn von etwas Neuem – und das Ende der naiven Vermutungen
- Und auf einmal begann ein Abenteuer
- Etwas Eigenes schaffen – etwas Besonderes
- Mein Lieblingsfeind: Das Grauen vor der Sichtbarkeit
- Verbindungen – der Segen von Netzwerken
- Von Wunschträumen, die Notwendigkeit sind
Die Flucht vor dem Unglück
Gern geb ich zu: Ich bin weder mit einem tollen Plan, einer ausgeklügelten Strategie noch mit einer großen Vision in die Selbstständigkeit gestartet. Es war zwar schon eine bewusste Entscheidung, keine zufällige Entwicklung oder unbeabsichtigtes Hineinstolpern. Doch irgendein grandioses Ziel hab ich damals nicht verfolgt.
Ich wollte einfach weg. Weg von einengenden Regeln, aufs Auge gedrückten Arbeitszeiten, starren Strukturen, doofen Chefs, Zeitdruck, Leistungsdruck, und Dauerstress. Weg von den unsympathischen Gesichtern des Angestelltendaseins, das mir zuletzt mehr grippale Infekte als glückliche Momente beschert hatte.
Und vor allem: Weg von dem ewig drückenden Gefühl, immer noch die merkwürdige, düstere Individualistin zu sein, die nirgendwo so richtig hinpasste, zu keinem Team wirklich dazugehörte und sich nicht einfach wie alle anderen mit den Gegebenheiten abfinden konnte.
Ein Floh im Kopf
Das mit der Selbstständigkeit kam mir überhaupt erst in den Sinn, als mir eine Kollegin meiner Abteilung „Text & Lektorat“, die selbst halb angestellt und halb selbstständig war, den entsprechenden Floh ins Ohr setzte: „Du bist doch gut, probiers doch auch einfach mal als Freiberuflerin.“Dieser Floh hüpfte den Gehörgang empor und machte es sich in den grauen Zellen gemütlich, blieb zunächst aber still.
Wenig später fand ich mich dann im Sprechzimmer meines Augenarztes wieder, da mir kurz zuvor die sichtbare Welt aus dem Blick gekippt war. Diagnose: Überanstrengte Augenmuskulatur. Super! Sowas kriegt auch nicht jede – dafür muss man schon verdammt lange auf einen Bildschirm starren.
Keine großen Ansprüche
Da machte sich der vergessene Floh wieder bemerkbar und begann zu hüpfen, erst zögerlich, dann immer höher und weiter. Und ich dachte mir: „Ok, ich probier’s!“ Nicht: „Hurra, jetzt geht’s los!“, „Das wird super!“,oder: „Jaaa, ich schaff das!“, sondern bloß: „Ok, ich probier’s! Was hab ich schon zu verlieren? Wenn’s nicht klappt, kann wenigstens niemand behaupten, ich hätt’s nicht versucht. Die nächste frustrierende Anstellung wird schon nicht wegrennen …“
Ich wollte nicht die Welt verändern oder das Universum mit meiner Einzigartigkeit bereichern, sondern bloß frei und selbstbestimmt arbeiten, zufrieden existieren und ansonsten meine Ruhe haben.
Der Beginn von etwas Neuem - und das Ende der naiven Vermutungen
Also kündigte ich die ungeliebte Stelle im Online-Marketing-Unternehmen und machte mich mit dem Gründungszuschuss selbstständig. Wie das vonstattenging, hab in einem Artikel für das Magazin frau frei & ausführlich erzählt.
Doch wirklich spannend wurde das Ganze erst nach dem bürokratischen Tanz mit Ämtern, Behörden und Krankenkassen. Langsam aber sicher erschloss sich mir, was ich alles brauchte, um mein frisches kleines Text-Business zum Laufen zu kriegen. Und so manche Illusion, die mir als naive Ex-Angestellte noch durch den Kopf spukte, erwies sich recht bald als Mumpitz.
- Die richtigen Leute würden schon erkennen, dass ich gut bin, und mich mit vielen interessanten Aufträgen versorgen.
Wie soll das gehen, wenn sie mich gar nicht kennen, nicht auf dem Schirm haben und mich nirgendwo finden können? - Ich kann einfach gemütlich in meinem Home-Office vor mich hinarbeiten, muss mich nur noch um die Texte meiner KundInnen kümmern und hab ansonsten meine Ruhe.
Um mich um die Texte meiner KundInnen kümmern zu können, muss ich erstmal welche haben, und die verirren sich dummerweise nicht zufällig zu mir nach Hause. - Ich bewerbe mich einfach auf irgendwelche ausgeschriebenen Textaufträge und verdiene damit dann schon genug, um über die Runden zu kommen.
Wenn ich mich auf Ausschreibungen bewerbe, begebe ich mich in einen Konkurrenzkampf mit einer ganzen Armada mehr oder weniger versierter Textschaffender, die sich mit Feuereifer gegenseitig unterbieten. - Als gute Texterin kann ich für alle und über so gut wie alles schreiben, so habe ich viel mehr Chancen auf gute Aufträge.
Biete ich alles für alle an, bin ich nur eine unter vielen, hebe mich nicht ab, falle nicht wirklich auf und bin absolut nichts Besonderes. - Ich kann alles allein schaffen.
Nee, kann ich eben nicht.
Mir wurde schnell klar: Wenn ich mich nicht bloß mühsam abstrampeln, sondern wirklich vorankommen wollte, musste ich wohl oder trotzdem auf mich aufmerksam machen, Leute kennenlernen, mich vernetzen.
Und dazu musste ich raus aus meinem komfortablen, sicheren Nest, sowohl auf analogen als auch digitalen Wegen.
Und auf einmal begann ein Abenteuer
Überraschenderweise spürte ich dadurch keine Angst oder Enttäuschung – im Gegenteil. Auf einmal stellte sich eine kribblige Aufbruchstimmung ein. Vielleicht konnte die Selbstständigkeit ja doch mehr für mich sein als ein Loch zum Verkriechen.
Vielleicht war sie ein Kaninchenbau, der in ein aufregendes Abenteuerland führte. Und ganz zaghaft flackerte da plötzlich ein Fünkchen Hoffnung, doch noch einen Platz in der großen weiten Arbeitswelt zu finden, an dem ich genau richtig bin, so wie ich eben bin.
Etwas Eigenes schaffen – etwas Besonderes
Also aktualisierte ich meine Profile auf Xing und LinkedIn, legte mir einen frischen Facebook-Account zu und ging ein Joint Venture mit zwei Webdesignern aus meinem Freundeskreis ein, die mir diese Website nach meinen Wünschen und Vorstellungen bauten, inklusive Logo.
Zu diesem Zeitpunkt meldete sich sehr deutlich der eigenwillige Freigeist in mir, denn ich wusste sofort: Ich wollte nicht bloß etwas, das funktionierte und den gängigen Anforderungen und Erwartungen entsprach, sondern etwas Eigenes, Unkonventionelles, irgendwie Anderes, Verschmitztes, das zu mir und meiner Persönlichkeit passte.
So wurde die Klopfecke ins Leben gerufen. Eh ich mich versah, waren auch schon ein paar Klopfgeister eingezogen. Die verschwanden auch nicht wieder, sondern machten rasch deutlich, dass sie mehr waren als bloß eine konzeptuelle Metapher zum Aufpeppen des Marketings. Sie sollten der Kern meiner intuitiven Business-Philosophie werden.
Mein Lieblingsfeind: Das Grauen vor der Sichtbarkeit
Frisch gerüstet unternahm ich die ersten Schritte in die Sichtbarkeit, trat verschiedenen Gruppen für Texter und Freelancer auf Facebook bei und besuchte Veranstaltungen für Gründer und Selbstständige in Hamburg.
Das brachte mir tatsächlich erste Erfolge. Mein erster Kunde fand mich über Xing und beauftragte mich mit dem Lektorat einer großen HR-Website – für den Anfang ein wirklich lukrativer Auftrag. In einer Facebookgruppe sprach mich die Inhaberin einer PR-Agentur an und bestellte einen Text über Weihnachtskalender. Daraus entstand eine langfristige Zusammenarbeit, durch die ich viel lernen durfte. Sie besteht bis heute.
Ich merkte aber auch, dass es mir leichter fiel, offline in der realen Welt mit Menschen direkt zu interagieren, als einer gesichtslosen Masse auf einer Social-Media-Plattform zu erzählen, wer ich bin und dass ich etwas ganz Tolles mache.
Das Ringen um die Sichtbarkeit im World Wide Web stellte sich für mich als eines der fiesesten und zähesten Monster heraus, das es auf dieser Queste zu besiegen gilt. Jedes Mal, wenn ich glaube, es nun endgültig plattgemacht zu haben, kommt es wieder auf den Plan gesprungen. Immerhin beschränken sich die Auseinandersetzungen inzwischen auf Streitgespräche bei einer Tasse Earl Grey.
Verbindungen – der Segen von Netzwerken
Eine Anzeige machte mich dann auf die She-Preneur Summit aufmerksam. So besuchte ich das erste Mal eine Online-Konferenz für selbstständige Frauen und wurde schließlich Mitglied im She-Preneur Insider Club.
Gerade in dieser konfusen Anfangszeit tat es unheimlich gut, viele andere motivierte Business-Ladys kennenzulernen, von denen viele – so wie ich – gerade erst gestartet waren und an denselben Fragen und Hemmnissen zu knuspern hatten.
Auf einmal war ich nicht mehr allein mit meinen Träumen und Ideen, Gedanken und Befürchtungen, denn da waren Gleichgesinnte, mit denen ich mich austauschen, online zu einem Schnack treffen, Pläne aushecken konnte.
Hier traf ich auch meinen ersten Business-Coach, Anja Herting, die mich mit ihrem Sensibel Online Erfolgreich Programm ein ganzes Stück weiterbrachte. Inzwischen bin ich nicht mehr im Insider-Club, doch mit vielen der tollen Frauen, die ich dort kennenlernen durfte, bin ich heute noch vernetzt und unheimlich dankbar, dass es sie gibt.
Von Wunschträumen, die Notwendigkeiten sind
Mit der Zeit lernte ich, was Positionierung bedeutet, was es mit diesen Wunschkunden auf sich hat und dass die Klopfecke nicht bloß meine Website ist. Sie ist meine persönliche Marke, die mich besonders macht.
Dinge, die ich als Angestellte nur für Wunschträume halten konnte, sind nicht nur möglich, sie sind sogar notwendig, damit aus der Klopfecke ein unternehmerisches Zuhause mit Bestand werden kann.
Und sie gelten auch für dich, wenn du dir ein Business erschaffen möchtest, das wirklich zu dir passt, mit dem du dich wohlfühlst und wachsen kannst.
- Die Devisen lauten nicht „Hauptsache Arbeit“ und „irgendwie Geld verdienen“. Es sollte schon die richtige Arbeit mit den richtigen Leuten sein. Denn wenn wir etwas machen, das wir nicht nur gut können, sondern auch mit Freude tun, können wir großartig sein.
- Wir müssen nicht jeden Auftrag annehmen. Welches Projekt zu uns passt und für uns sowohl zeitlich als auch persönlich zu bewältigen ist, müssen wir selbst einschätzen und entscheiden können. Herausforderungen sind natürlich willkommen. Überforderungen aber nicht.
- Wir müssen uns nicht mit dem zufriedengeben, was irgendwelche Auftraggeber:innen uns zugestehen. Wie viel unsere Arbeit wert ist und welche Preise angemessen sind, dürfen wir selbst herausfinden und festlegen. Es hat gedauert, bis diese Erkenntnis wirklich in meinem Kopf angekommen ist.
- Wir dürfen uns unsere Kund:innen aussuchen. Ja, du hast richtig gelesen. Anfangs kam mir das auch total absurd vor, aber es stimmt. Wenn wir wissen, für wen wir da sein wollen, können wir unsere Kommunikation entsprechend gestalten und unsere WunschkundInnen viel gezielter ansprechen.
- Wir müssen nicht alles allein schaffen. Ein Punkt, den ich mir selbst immer wieder ins Gedächtnis rufen darf. Um Hilfe zu bitten, ist kein Eingeständnis von Schwäche. Wir nehmen dadurch lediglich auf realistische, kluge Weise an, was ist: Wir brauchen Unterstützung. Die dürfen wir uns suchen.
- Die überraschendste und tiefgreifendste Erkenntnis aber war für mich: Unsere Eigenarten sind Markenzeichen – und damit Stärken. Anders zu sein als alle anderen ist nichts, was tunlichst versteckt werden sollte. Das Gegenteil ist der Fall. Als UnternehmerInnen sind wir darauf angewiesen, aus der Masse herauszustechen, damit die Menschen, die uns gut finden und das, was wir tun, gut gebrauchen können, uns auch bemerken.
Du glaubst gar nicht, wie ich innerlich gejubelt habe, als mir begreiflich geworden ist, dass ich meine ganzen Merkwürdigkeiten ab jetzt als Features verkaufen darf.
Natürlich gab und gibt es immer wieder Rückschläge und sogar Tiefpunkte, doch so allmählich gelingt mir immer mehr davon. Für mich hat mit der Selbstständigkeit ein großartiges Abenteuer begonnen. Und ein gewaltiger Teil dieser Queste hat sich als Reise zu mir selbst entpuppt, zu meinen Stärken, meinen Werten, meiner Freude.
Oder anders gesagt: Zu der Texterin, die ich sein möchte. Der Texterin aus der Klopfecke, die kreativen unternehmerischen Freigeistern wie dir dabei helfen darf, für ihre Lieblingskund:innen zu leuchten.
Wohin führt dich deine Reise? Ich freue mich auf deinen Kommentar.