Habseligkeiten: Weltliche Habe, gepaart mit Glückseligkeit? - Weit gefehlt!
Auch in dieser Woche darf wieder ein interessanter Bestandteil der deutschen Sprache in die Kuriosithek einziehen. Das heutige Wörtchen ist mir besonders sympathisch, denn es zeigt, wie leicht einen das Offensichtliche in die Irre führen kann.
Habseligkeiten, das sind spärliche, bescheidene Dinge, die vielleicht nicht wertvoll, aber kostbar sind, die beschränkten Besitztümer, die jemand, der nicht viel hat, noch sein eigen nennen darf.
„Sie hatte ihre Habseligkeiten in einem kleinen Rucksack verstaut.“; „Jeder Teilnehmer erhielt einen Kleiderhaken für seine Habseligkeiten, mehr nicht.“
Weltliche Habe verbunden mit dem Streben nach Glückseligkeit, was für eine schöne Bedeutung! – Dachte sich zumindest die Jury des internationalen Wettbewerbs „Das schönste deutsche Wort“, der 2004 vom Deutschen Sprachrat und dem Goethe-Institut initiiert wurde, als sie „Habseligkeiten“ zum Gewinner kürte – und sich damit prompt den Unmut der Sprachwissenschaftler zuzog. Denn hinter den Habseligkeiten steckt sowohl lexikalisch als auch semantisch etwas ganz anderes.
Habe - habsal - habselig - Habseligkeiten
Bereits im 10. Jahrhundert steht das mittelhochdeutsche Wort „habe“ für Besitz, die Gesamtheit aller Sachen und Dinge, die jemandem gehören. Durch Weiterbildungen mit den Ableitungspartikeln „-sal“ und „-sel“ entstanden Wörter, die etwas Konkreteres, Greifbareres bezeichnen sollten.
Sie begegnen uns heute noch in Form so hübscher Substantive wie „Rinnsal“, „Mühsal“ oder dem schönen Wörtchen „Labsal“, das schon in der Kuriosithek wohnen darf. Ein „habsal“ war also das, was jemand besitzt. Daraus wurde dann das Wort „habsel“, aus dem das Adjektiv „habselig“ entstand. Das wurde im 17. Jahrhundert zu „Habseligkeit“ substantiviert und bedeutet „dürftiger Besitz“.
Habseligkeiten sind also gar keine Hab-Seligkeiten, sondern Habsel-igkeiten. Was für ein gewitztes Wörtchen, einen so an der Nase herumzuführen!