Kuriosithek – das Wörtchen der Woche lautet: Kauderwelsch

Weiße Schrift und Schreibfeder-Icon auf schwarzem Hintergrund: Kuriosithek - Kauderwelsch | Klopfecke - Texte mit Geist


Wer unverständlich spricht, redet Kauderwelsch

Neulich war ich mal wieder auf einem dieser Märkte, die auf nostalgisch verklärte Weise alte Zeiten inszenieren. An einem Stand mit dem bezeichnenden Namen „Piraten-Bar“ bestellte ich mir eine Holunderblütenlimonade, die mir in einem hübschen Tonbecher kredenzt wurde, zusammen mit einer enthusiastischen Ansprache des vierschrötigen, beeindruckend bärtigen Kerls hinter der Bar, der seinen weniger alkoholfreien Angeboten offenbar schon gut zugesprochen hatte. 

Vielleicht lobte er das Getränk, eventuell auch die ausgelassene Stimmung oder die hübsche Samtkapuze, mit der ich den Regen leidlich erfolgreich von meiner Frisur fernzuhalten versuchte. Ich bin mir nicht ganz sicher, da seine Rede nur wenige mir bekannte Wörter enthielt. Prompt schimpfte eine raue Stimme aus dem hinteren Teil der Bude: „Mann, rede deutlich! Dieses Kauderwelsch versteht doch kein Mensch.“

Und SCHWUPPS, hatte ich neuen Zuwachs für die Kuriosithek.

Fachchinesisch, Juristen-Deutsch - Kauderwelsch

Wie ihr meiner kleinen Geschichte schon entnehmen könnt, bezeichnet das Substantiv „Kauderwelsch“ eine unverständliche, fremdartige, wirr erscheinende Ausdrucksweise. Wenn jemand in seiner Rede z. B. mehrere Sprachen oder Dialekte mischt, entsteht Kauderwelsch. 

Äußerungen, die mit so vielen Fremdworten und Fachbegriffen gespickt sind, dass Nicht-Fachleute kaum noch mitkommen, können sich ebenfalls die Bezeichnung Kauderwelsch zuziehen. Man spricht hier auch von „Fachchinesich“ oder, etwas spezifischer, von „Juristen-Deutsch“ oder „Marketing-Latein“. Das zugehörige Verb „kauderwelschen“ ist heute nicht mehr gebräuchlich.

Unser abenteuerlich klingendes Kauderwelsch ist ein Kompositum aus den Wörtern „kauder“, dessen Bedeutung nicht hundertprozentig geklärt ist, und „welsch“, das sowohl „zum Französisch sprechenden Teil der Schweiz gehörend“ als auch „fremdländisch“ bedeuten kann.

Von fremdländischen Kelten und suspekten Hausierern

Das Adjektiv „welsch“, ist ursprünglich aus dem Wort „Walhos“ hervorgegangen, dem Namen eines keltischen Volksstammes, der nahe  bei den Germanen lebte. Mit „Walhos“ oder „Volcae“, der lateinischen Variante, sowie verschiedenen Ableitungen davon, wurden somit zunächst die Kelten bezeichnet, dann die in Gallien lebenden Römer und die Bewohner Italiens. 

„Welsch“ bedeutete in früheren Zeiten also „keltisch“ (woran noch das englische „Welsh“ für „walisisch“ erinnert) und später „romanisch“. Bis ins 18. Jahrhundert war „welsch“ ein gängiger Begriff für „italienisch“ oder „französisch“, seltener für „spanisch“ oder „rätoromanisch“ und wurde in der Literatursprache oft betont gegensätzlich zu „deutsch“ verwendet. Daraus wurde dann eine Methapher für „fremdartig“ und „unverständlich“.

Der erste Teil unseres Wörtchens der Woche leitet sich wahrscheinlich von „Kauer“ ab, dem Tirolischen Namen für das Örtchen „Chur“. Das Chur-Romanische, das „Kaurer Welsch“ also, erschien den deutschsprachigen Nachbarn möglicherweise als unverständliches mundartliches Geplapper. 

Vielleicht spielt auch der oberdeutsche Begriff „Kauderer“ für „wucherische Klein- und Zwischenhändler“ eine Rolle bei der Entstehung des Wörtchens – als eigenartige Sprechweise windiger Hausierer aus fremden Regionen.

Die eigenartige Sprechweise des fröhlichen Verkäufers auf besagtem Markt stand seinem Geschäft jedenfalls nicht im Weg und die unmutige Tirade seines Kumpels aus dem Off hielt ihn auch nicht davon ab, seinen Gedanken weiterhin Ausdruck zu verleihen. 

Bei einem seiner Gäste hat er sich auf jeden Fall ins Gedächtnis geknurrt. Wenn zukünftig von Kauderwelsch gesprochen wird, werde ich wohl immer an den lustigen Piraten in der improvisierten Bar zurückdenken müssen. 🙃

Schreibe einen Kommentar